April 2022 (Weinheimer Nachrichten) Drei Kreistage in hundert Minuten souverän und harmonisch bewältigt / Pandemie hat Spuren hi8nterlassen / Rückläufige Mitgliederentwicklung
Laudenbach. Als „historisches Ereignis – und das im schönen Laudenbach“ beschrieb Bürgermeister Benjamin Köpfle den Kreissängertag. Gastgeber war der Singverein 1870, der bereits vor zwei Jahren im Rahmen seines 150-jährigen Jubiläums die Delegierten der 38 im Sängerkreis Weinheim zusammengeschlossenen Vereine begrüßen wollte. Corona machte einen Strich durch die Rechnung. Jetzt wurde dem Verein die Ehre zuteil, dass gleich drei Sängertage abgehalten wurden. Hierbei konnte er auf die Gastfreundschaft der Turngemeinde bauen, die, so dessen Vorsitzender Christian Bausch in seiner Begrüßung, gerne das die ehrwürdige Gemäuer der Turnhalle zu Verfügung stellte, „damit hier wieder Leben einzieht“.
Singvereinsvorsitzender Friedhelm Stiller erinnerte in seinem Grußwort an das geplante 150-jährige Jubiläum seines Vereins vor zwei Jahren, das nahezu vollständig der Corona-Pandemie zum Opfer gefallen sei. Die Veranstaltungen hätten auch im vergangenen Jahr nicht nachgeholt werden können. Jetzt hoffe man trotz anhaltender Pandemie und Ukraine-Krieg, langsam wieder zur Normalität im Vereinsbetrieb zurückzukehren.
Köpfle: „Jetzt erst recht“
Auch Bürgermeister Köpfle bedauerte, dass die Gemeinde zwei Jahre nahezu gänzlich auf „das schönste Organ der Musik“ (Richard Wagner) habe verzichten müssen. Dies sei ein schwerer Verlust für die Vereinskultur, das kulturelle Leben allgemein und letztlich das gesellschaftliche Miteinander. Singen umfasse Gemeinschaft, Zusammenhalt und Verbindung zwischen Menschen. Es fördere Wohlbefinden, Glück und Entspannung und setze zusätzliche Energie frei. Er wisse, dass die Pandemie an keinem Verein spurlos vorbeigegangen sei und appellierte, weiterzumachen, und zwar „jetzt erst recht“. Städte und Gemeinden bräuchten eine lebendige Vereinskultur, ehrenamtliches Engagement sowie aktive Sängerinnen und Sänger. Letztlich, so habe Friedrich Nietzsche festgestellt, wäre „ohne Musik das Leben ein Irrtum“.
Die Vizepräsidentin des Badischen Chorverbandes, Maria Löhlein-Mader, seit einigen Wochen auch Chorleiterin des Frauenchors des Singvereins, bedauerte, dass einige Chöre infolge der Pandemie nicht mehr singfähig seien, Umso mehr gelte es, die Vereine zu stützen und zu unterstützen, – um dem Chorsingen, das auf eine zweieinhalb Jahrhunderte alte Tradition zurückblicken und immaterielles Kulturerbe sei, Zukunft zu geben. Sie sah die Vereine als Keimzelle und Beitrag zu einer friedlichen Gesellschaft, die auch in Zeiten eines Krieges Halt geben könnten.
Der einleitende Teil wurde umrahmt von den Chören des Singvereins. Der zwischenzeitlich wieder stattliche Frauenchor bot den Udo Jürgens-Song „Ich glaube“ in einer Bearbeitung von Pasquale Thibaut und Peter Schur, der Männerchor sang unter Leitung von Thomas Wind „Vivat musica“ (Piotr Janczak). Nach dem Totengedenken, bei dem Alfred Albrecht stellvertretend an den ehemaligen Kreisvorsitzenden Norbert Raab und die Vorsitzenden Horst Öhlenschläger (Sängervereinigung Germania Weinheim) und Dieter Oest Liedertafel Weinheim) erinnerte, intonierte der Männerchor den in diesen Zeiten sehr aktuellen Wunsch „Herr gib Frieden“.
Drei Versammlungen in einem
Sängerkreis-Vorsitzender Rudi Neumann verwies bei seinen Berichten für die Jahre 2019 und 2020 auf seine den Vereinen schriftlich zugegangenen Tätigkeitsberichte. Kassier Manfred Schmiedel beleuchtete die Jahre 2019, 2020 und später auch 2021; die jeweils mit geringen Überschüssen abschlossen. Kassier und Gesamtvorstand wurden für alle drei Jahre einstimmig entlastet.
In seinem Bericht für das Geschäftsjahr 2021 ging Neumann auf die besonderen Herausforderungen ein, die die Pandemie für die Vereine mit sich brachte. Sing- und Veranstaltungsverbote, ausgefallene Veranstaltungen, unterbliebene soziale Kontakte hätten das Chorleben bestimmt. Die sich ständig verändernden Rechtsvorschriften hätten zu zahlreichen Nachfragen geführt, und so habe er in unizähligen Kontakten mit Badischem und Deutschem Chorverband und der Landesregierung versucht, Klarheit zu schaffen und zu vermitteln, aber auch die Forderungen der Kreisvereine zu artikulieren. Von den seitens des Sängerkreises geplanten Veranstaltungen habe man lediglich eine Vizechorleiterausbildung und die Herbsttagung durchführen können, führte Neumann aus. Er bedauerte, dass es nicht gelungen sei, im Kreisvorstand die Ämter5 der Frauenreferentin und des Jugendreferenten zu besetzen und sich auch jetzt keine Bewerbung abzeichne. Besonderes bedauerte er, dass sich der traditionsreiche Männerchor 1890 Sulzbach aufgelöst habe und zwischenzeitlich aus dem Vereinsregister gelöscht wurde.
Vorstand im Amt bestätigt
- Vorsitzender: Rudi Neumann
- Zweiter Vorsitzender: Meinhard Wind
- Schriftfühi.er: Peter Strohmenger
- Kassier: Manfred Schmiedel
- Sachbearbeiter Ehrungen: Alfred Albrecht
- Pressewart: Rudi Neumann
- Beisitzer: Harald Brand, Klaus Demel, Karl Engelsdorfer, Willi Hamburger, Peter Kleefisch, Tatjana Mohren und Werner Winkler
- Musikausschuss: Titziana Abegg, Peny Bauer, Andreas Luka Beraldo und Meinhard Wind
- Die Ämter des Frauen- und Jugendreferenten bleiben vakant.
Rückläufige Mitgliederzahlen
Wenig erfreulich war die von Neumann dargestellte Statistik der Mitgliederentwicklung. Zum Stichtag 31. Januar 2022 verzeichnete man 791 Sänger (34 weniger als im Vorjahr), 783 Sängerinnen (minus 78) und 3480 fördernde Mitglieder (minus 174), in der Summe also 286 Mitglieder weniger. Diese Entwicklung mache Werbung und ständige Anstrengungen notwendig, um dem kulturellen Auftrag künftig gerecht werden zu können. „Musik und Gesang sind Reichtümer, für die es sich lohnt, sich einzusetzen.“
Neumann lud zu den anstehenden Terminen des Badischen Chorverbandes ein und gab die Planungen des Sängerkreises bekannt, die ein Stimmbildungsseminar, eine Vizechorleiterausbildung, die Herbsttagung und ein Seminar „Chor in Bewegung“ vorsehen. Der Kreissängertag werde 2023 beim Liederkranz Sulzbach anlässlich des 120-jährigen Bestehens stattfinden.
Schließlich schilderte der Sängerkreis-Vorsitzende die drohende Gefahr, die derzeitigen Räumlichkeiten in der Weinheimer Jugendherberge abgeben zu müssen, und hoffte, in Gesprächen mit der Stadt Weinheim für diesen Fall Ersatzräumlichkeiten finden zu können. Markus Gräber (Gesangverein 1955 Weinheim) bedauerte die Ungleichbehandlung von Sport und Gesang in den Pandemiezeiten. Mit dem Badischen Sängerspruch unter Leitung von Maria Löhlein-Mader wurde die Tagung klangvoll beschlossen. hb