Großsachsen MGV – Einst als „Schoppensänger“ gestartet

Februar 2023 (Weinheimer Nachrichten) Jubiläum: MGV feiert sein 150-jähriges Bestehen – Programm sieht Empfang Ende Februar und ein Sommerfest Mitte Juli vor

 

Großsachsen. Dass Dieter Korsch noch in diesem Monat 90 Jahre alt wird, sieht man ihm nun wirklich nicht an. Mit dem Fahrrad kommt er zu dem Termin gefahren, bei dem der Vorstand des MGV „Sängerbund“ 1873 Großsachsen seine Pläne für das Jubiläumsjahr verrät. 150 Jahre wird der Verein in diesem Jahr alt. Korsch selbst ist das älteste aktive Mitglied; er ist seit dem Jahr 1966 dabei und ist auch für die Festschrift verantwortlich. Jede Menge Material hat er schon gesammelt und gesichtet. Nun geht es an die Feinarbeit.

Festschrift fast fertig

Geplant ist die Fertigstellung für den März dieses Jahres. Es gibt natürlich jede Menge zu berichten über den Gesangsverein, der 1873 als reiner Männerchor gegründet wurde. Es begann alles bereits lange vor der eigentlichen Gründung. Seinerzeit schlossen sich in Großsachsen mehrere kleine Gruppen von Männern zusammen, um bei Festlichkeiten, Hochzeiten, Geburtstagen oder zu ähnlichen Anlässen Ständchen zu singen. Man munkelt, dass diese „Schoppensänger“, wie sie genannt wurden, das nicht ganz selbstlos taten: Wer singend gratulierte, wurde natürlich eingeladen und durfte mitfeiern. Herausgefunden hat dies Willi Eck. Schließlich taten sich die kleinen Gruppen zusammen und der MGV Großsachsen nahm mit 35 Sängern sein Wirken auf. 1877 wurde die Fahne des Vereins geweiht. Historisch vorausgegangen war das Ende des 1870/71-er Krieges.

Am 9. Juni 1901 beteiligte sich der Verein erstmals an einem Gesangswettstreit in Hockenheim und durfte sich direkt über einen zweiten Platz freuen. Im Jahr darauf wurde der Verein Mitglied im Badischen Sängerbund. 1903 feierte man das 30-jährige Bestehen, mit einem rauschenden Fest, an dem sage und schreibe 37 auswärtige Vereine teilnahmen.

Erster Gesangswettstreit

1908 führte der Verein anlässlich seines 35-jährigen Bestehens den ersten Gesangswettstreit in Großsachsen durch. Eine Zäsur gab es während des Ersten Weltkrieges. Vier Sänger fielen als Soldaten. Noch unter den Eindrücken dieser Zeit beließ man es zum 50-jährigen Jubiläum bei einem Festkonzert. Das 55-jährige Jubiläum wurde dann wieder ausgiebig gefeiert: 26 Vereine beteiligten sich am Gesangswettstreit. Der Zweite, Weltkrieg forderte noch mehr Opfer unter den Sängern und den passiven Mitgliedern. Erst 1946 wurde wieder mit dem Singen begonnen, langsam begann das kulturelle Leben in Großsachsen wieder zum Leben zu erwachen. Obwohl das 75-jährige Jubiläum im Jahre 1948 wegen der allgemeinen Notlage in der Bevölkerung nur in kleinem Rahmen gefeiert worden war, erfreute sich der Chor nach dem Fest mit einem Mal eines großen Zuspruchs: 1950 verzeichnete der MGV mit 80 Sängern einen nie wieder erreichten Höchststand an Aktiven. Es begann eine Zeit der großen Erfolge, so wurde man beim Gesangswettstreit in Leutershausen Erster.

Es folgten Sängerausflüge nach Emmendingen, Kirchhellen/Westfalen und – 1958 – zum österreichischen Bundessängerfest in Wien. In den 1960-er Jahren gründete man eine Theatergruppe aus den Reihen der Sänger. Stets pflegte man den Kontakt mit den Nachbarvereinen, veranstaltete gemeinsame Liedabende. Sogar mit Chören aus Goxwiller/Frankreich und Lind ob Velden/Österreich befreundete man sich.1969 erfolgte die Gründung des Sing- und Spielkreises, um dem Nachwuchs den Einstieg in die Chormusik zu ebnen. Kinderchor und Instrumentalkreis ermöglichten neue Wege der Programmgestaltung bei Konzerten und fanden große Anerkennung.

Unter dem Motto „Sing mit uns“ wurde 1973 in großem Rahmen das 100-jährige Jubiläum gefeiert. 34 Vereine nahmen am Punktwertungs- und Prädikatssingen und neun Vereine am Kinderchorsingen teil.

Mit Zelter-Plakette geehrt

Für sein kulturelles Wirken wurde dem MGV Großsachsen die Zelter Plakette als höchste staatliche Auszeichnung verliehen. In den 1980-er und 1990-er Jahren steigt die Zahl der aktiven und passiven Mitglieder kontinuierlich, man konnte viele Preise gewinnen, man kooperierte mit der Grundschule des Ortes. Die Theatergruppe wurde 1991 reaktiviert und begeisterte mit ihren Darbietungen.1997 wurde ein Frauenchor gegründet, der organisatorisch in den MGV „Sängerbund“ 1873 Großsachsen eingegliedert wurde. Bald waren es über 40 aktive Sängerinnen. Als die Zahl der aktiven Männer immer weiter zurückging, wurde schließlich im November 2013 aus dem Männergesangsverein und dem Frauenchor ein gemischter Chor.

Derzeit gibt es 40 aktive Sänger und Sängerinnen, im Schnitt nimmt die Hälfte an den Singstunden teil, so Vorsitzende Heidi Sacht. Die Männer sind dabei klar in der Unterzahl: Nur noch sechs sind dabei. Händeringend wird hier Verstärkung gesucht. Aber auch Frauen sind immer willkommen. Während der Corona-Zeit hat man sich, – soweit es möglich war – zumindest draußen im Biergarten getroffen, um den Kontakt aufrechtzuerhalten, hat eine Weihnachtsfeier digital gefeiert und Chorleiterin Elena Kleiser, seit 2015 dabei, hat den Sängern audiovisuelle Clips geschickt – für jede Stimme extra – damit alle daheim weiter fleißig üben konnten. Ausgetreten ist in dieser Zeit keiner, jedoch sind einige Mitdieder in dieser Zeit verstorben. Mittierweile gibt man wieder Konzerte, die alle erfreuen. Heidi Sacht erzählt von den Tränen der Rührung bei den Bewohnern eines Seniorenheims. „Solang der Chor Singstunden abhält, lebt der MGV noch“, so Sacht. awa

Daten zum MGV-Jubiläum

150 Jahre MGV – das muss gefeiert werden. Doch so einfach ist das nicht. Denn noch weiß man nicht, wo das große Fest für alle stattfinden wird. Denn mit der „Alten Turnhalle“ kam man nicht zuverlässig planen – es kann sein, dass dort demnächst Flüchtlinge untergebracht werden müssen.

Fest steht, dass es am 26. Februar um 11 Uhr im Hotel „Krone“ – dem Gründungsort – für alle Mitglieder und deren Freunde einen Sektempfang geben wird. Dabei stellt Landrat Stefan Dallinger das Buch über Volker Schneider der zu Männerchor-Zeiten lange Chorleiter war, vor. Der Titel lautet „Heimat Kurpfalz, Horizont Europa“. Buchautor ist Redakteur Konstantin Groß.

Da zu diesem Anlass der Besucherkreis aus Platzgründen eingeschränkt und den Mitgliedern vorbehalten ist, wird im Sommer noch einmal ausgiebig gefeiert. Das Datum ist der 16./17. Juli. Der neu gegründete Festausschuss befasst sich derzeit mit der Planung und der Suche nach einer geeigneten Räumlichkeit zum Feiern. Ideen für das Programm gibt es schon viele: So sollen die Nachbarschaftsvereine eingeladen werden. Auch die Theatergruppe hat durchblicken lassen, mit einem kurzen Stück zu überraschen.

Der MGV hat derzeit 143 Mitglieder, davon sind 41 aktive Sänger.