Weinheim Cantus-Vivus – Mit halbem Chor ein wohlklingendes Ganzes 

November 2020 (Weinheimer Nachrichten) Wolfram Schmidt und sein Chor Cantus Vivus präsentieren ihr neues Album

 

Weinheim. Im Januar, als Wolfram Schmidt und sein Konzertchor „Cantus Vivus“ ihr neues Projekt „LEIDENschaft Musik“ in Angriff nahmen, konnte niemand ahnen, dass eine weltweite Pandemie bald alle Pläne infrage stellen sollte. Noch liefen die wöchentlichen Proben für das neue Programm normal, in dem Chor- und Kammermusik von Robert und Clara Schumann mit den Werken von Johannes Brahms eine Einheit bilden sollten. „Dahinter stand die Idee, die ebenso leidenschaftliche wie tragische Dreiecksbeziehung zwischen Clara und Robert Schumann mit Johannes Brahms musikalisch wiederzugeben. Geprägt war ihre innige Verbindung von Auflehnung, Dramatik, Verzweiflung und höchstem Glück“, beschreibt Wolfram Schmidt, der leidenschaftliche Pianist und Chorleiter, die verschiedenen Emotionen seines neuen Programmes.

Inspiriert von Clara Schumann

„Inspiriert hat mich sowohl der 200. Geburtstag von Clara Schumann im vergangenen Jahr als auch der beeindruckende Film „Geliebte Clara“ mit Martina Gedeck in der Titelrolle“. Ein Projekt mit weltlicher Chormusik von Johannes Brahms hatte Wolfram Schmidt schon länger im Kopf, nicht zuletzt deshalb, weil er Chor- und Klaviermusik, zwei seiner großen Leidenschaften, miteinander kombinieren wollte.

Alles lief perfekt: Die wöchentlichen Chor-Proben im Musiktheater der Dietrich-Bonhoeffer-Schule, die Zusammenarbeit mit dem Lenzmond-Klavierquintett und die harmonische Ergänzung mit der Schauspielerin Katja Hoger, die aus den Tagebüchern der Clara Schumann rezitierte. Bis dann im März der Lockdown kam und die Probenarbeiten schlagartig zum Erliegen brachte.

„Wir versuchten es mit virtuellen Proben, die an der mangelnden Technik scheiterten. Die Übungsdateien, mit denen jedes Chormitglied zuhause für sich arbeitete, ersetzten keine sozialen Kontakte und keine gemeinsamen Gestaltungen von Dynamik und Phrasierung. Schließlich konnten wir uns im Sommer wenigstens im Freien treffen und somit die Vorbereitungen für das Schumann-Brahms-Projekt etwas vorantreiben. Doch Open Air mit den vorgeschriebenen Abständen waren klangliche Feinarbeiten kaum möglich“.

Nach den Sommerferien konnten die Probenarbeiten im Musiktheater – unter Einhaltung der Hygienebestimmungen – wieder fortgesetzt werden. Allerdings musste der Chor wegen der Abstandsregelung auf 31 Sängerinnen und Sänger reduziert werden. „Das war recht schmerzhaft“, erzählt der Chorleiter, „auf einen Teil der harmonischen Gemeinschaft verzichten zu müssen. Zudem gestaltete es sich nicht einfach, die verschiedenen Stimmlagen so ausgewogen und klangstark zu besetzen, dass ein wohlklingendes Ganzes entstand. Dass uns das mit der 31-köpfigen Besetzung gelang, ist ein kleines Wunder.“

Mit dem sensiblen Einfühlungsvermögen des Lenzmond-Klavierquintetts, in der Besetzung Isabel und Regina Steinbach (Violinen) Iryna Schenk (Bratsche), Dan T. Fahlbusch (Cello) und Wolfram Schmidt (Klavier), gelang ein perfektes Zusammenspiel. Doch leider war an öffentliche Livekonzerte nicht zu denken. „So entwickelte sich die Idee, das erarbeitete Projekt auf CD aufzunehmen. Da unsere Livekonzerte seit vielen Jahren von unserem technischen Leiter Jürgen Holzwarth professionell für unser Archiv aufgenommen werden, fassten wir den Entschluss, unserem Publikum in der konzertarmen Zeit einen Tonträger mit dem neuen Programm anzubieten.“

Am zweiten Oktoberwochenende starteten im Musiktheater unter der musikalischen Leitung von Wolfram Schmidt und der technischen Regie von Jürgen Holzwarth die CD-Aufnahmearbeiten. „Der erste Aufnahmetag gehörte den vier Streichern des Lenzmond-Quintetts und meiner Kammer-Klaviermusik. Am Samstag und Sonntag wurden Chor, Klavier und Streichquartett gemeinsam aufgenommen.“

Authentische Liveatmosphäre

Separat davon liefen Katja Hogers eindringliche Passagen aus den Tagebüchern der Clara Schumann. Wolfram Schmidt lobt noch einmal die bewundernswerte Konzentration aller Akteure. „Von jedem Stück mussten nur zwei bis drei Gesamtdurchläufe aufgenommen werden und in einigen Fällen höchstens eine Strophe oder Stelle wiederholt werden. Letztendlich fanden nur wenig Schritte statt, denn unser Ziel war es, eine möglichst authentische Liveatmosphäre zu erreichen.“ „Sobald es die Infektionszahlen zulassen, soll das Projekt live aufgeführt werden“, betont Wolfram Schmidt, am liebsten mit dem gesamten 80-köpfigen Chor“.  rav

Ab dem 28. November ist die CD „LEIDENschaft Musik“ von Cantus Vivus im Handel erhältlich.

Rechtzeitig vor dem aktuellen Teil-Lockdown trafen sich Mitglieder des Konzertchores Cantus Vivus im Musiktheater der Dietrich-Bonhoeffer-Schule mit dem nötigen Abstand, um die CD aufzunehmen. BILD: WOLFRAM SCHMIDT

Katja Hoger rezitiert aus den Tagebüchern von Clara Schumann. ARCHIVBILD: MARCO SCHILLING