Weinheim Cantus Vivus – Vom Durst der „Lichtkrieger“

 Dezember 2023 (Weinheimer Nachrichten)  Konzert: Cantus Vivus bietet mit der Kurpfalzphilharmonie und drei Gesangssolisten vertontes Gotteslob von Felix Mendelssohn Bartholdy

Von Jürgen Drawitsch

 

Weinheim. Es war, als hätten die gut 60 Sängerinnen und Sänger des Konzertchors Cantus Vivus, das Sinfonieorchester der Kurpfalzphilharmonie und die Gesangssolisten zusammen mit Dirigent Wolfram Schmidt auf diese besondere Stelle hingearbeitet: Im fünften von neun Kantatenteilen aus Felix Mendelssohn Bartholdys „Lobgesang“ wurde Tenor Rolf Sostmann zum verzweifelten, einsamen Rufer in der Finsternis. Seine Stimme schwebte als existenzielle Klage beim Satz „Hüter, ist die Nacht bald hin?“ durch die St.-Laurentius-Kirche, ehe der Chor mit einem jubilierenden „Die Nacht ist vergangen“ musikalisch die Sonne aufgehen und das Licht über die Dunkelheit siegen ließ.

„Vom Dunkel ins Licht“

In diesem Moment entfaltete sich das Motto des Konzertes „Vom Dunkel ins Licht“ in voller Pracht, mutierte der Konzertchor zu einer friedliebenden Streitmacht, die, mit den Waffen des Lichts „aufgerüstet“, im Schlusschor den Herren stimmgewaltig lobpreiste. Vertontes Gotteslob gab es am Samstagabend reichlich als Kantaten und in sinfonischer Form. Schon in der Vertonung des 42. Psalms ,,Wie der Hirsch schreit“ stillte das Orchester in der Arie mit musikalischen Bildern wie von einem plätschernden Bach den Durst der Seele nach Gott, und Wolfram Schmidt dirigierte punktgenau das diffizile Zusammenspiel der Kurpfalzphilharmonie mit Julia Stratiros, deren strahlender, kraftvoller Sopran zu einem beglückenden Farbtupfer des Abends wurde.

Gab die Sopranistin in der knapp halbstündigen Psalmvertonung zunächst alleine ihre ausgezeichnete gesangssolistische Visitenkarte ab, so traf sie sich später im „Lobgesang“ mit der Mezzosopranistin Birgit Barbara Benson zu einem anrührenden Duett. Das unwiderstehliche Flehen zu Gott der beiden bestens harmonierenden Sängerinnen nährte die Hoffnung auf den Sieg des Guten.

Dass der musikalische Leiter Wolfram Schmidt mit Cantus Vivus erstmals auf ein Programm zurückgriff das der Konzertchor vor zwölf Jahren schon einmal in St. Laurentius dargeboten hatte, mag verschiedene Gründe haben. Das Gottvertrauen, das als Botschaft in Mendelssohns Werken steckt, nährt die Sehnsucht nach Zuversicht und Geborgenheit angesichts aktueller Krise und von Menschen verursachter Irrungen.

Außerdem ermöglichte die Mischung aus Sinfonie und Kantate im „Lobgesang“ ein besonders intensives Zusammenwirken des Dirigenten mit der Kurpfalzphilharmonie als Würdigung ihrer 30-jährigen Zusammenarbeit. Die knapp halbstündige „Sinfonia“ mit ihren drei nahtlos ineinander übergehenden Sätzen steht in B-Dur und bot mit ihrer Harmonik reichlich Wohlklang und Musik von Farbigkeit. Bisweilen spielten sich Streicher und Bläser unter Schmidts Leitung im Dreivierteltakt durch den sinfonischen Teil, ehe Chor und Sopranistin in den Kantatenteil übergingen und kraftvoll anstimmten: „Alles, was Odem hat, lobe den Herrn!“

Von beiden Seiten

Fast schon Tradition hat beim Konzertchor Cantus Vivus die Tatsache, dass sich die Sängerinnen und Sänger während eines Auftritts einmal aufteilen und von beiden Seiten des Kirchenraumes singen; diesmal zur Eröffnung des Abends, als sich der Chor nach einer knapp dreiminütigen, von David Heintz erzeugten und von der Technik-AG der Dietrich-Bonhoeffer-Schule mit Farblichttechnik begleiteten Klangcollage langsam nach vorn zum Altarraum bewegte und damit sinnbildlich zum Wasser, nach dem im Psalm 42 der Hirsch schreit.