Hohensachsen MGV – Ein glänzendes Konzert

Juli 2022 (Weinheimer Nachrichten) Chormusik: Der MGV 1850 Hohensachsen lädt zusammen mit Franz Lambert an der Wersi-Orgel in die Mehrzweckhalle ein

Von Margit Raven

 

Hohensachsen. Es ist ein bekanntes Phänomen, dass deutschen Männerchören der Nachwuchs fehlt. So liegt auch bei dem traditionsreichen Männergesangsverein (MGV 1850) Hohensachsen das Durchschnittsalter deutlich jenseits der 70. Wenn dann noch, wie beim Konzert am Samstagabend in der Mehrzweckhalle, einige Sänger krankheitsbedingt ausfallen, ist es voraussehbar, dass der volle Klang des Chores etwas an Volumen verliert. Doch Chordirektor Volker Schneider, der seit über fünfzig Jahren zahlreiche Chöre in der Kurpfalz, im hessischen Odenwald und an der Bergstraße erfolgreich durch Höhen und Tiefen geführt hat, behält auch dann die Ruhe, wenn die stimmlichen Gestaltungsmöglichkeiten ein wenig übersichtlicher werden.

Dafür verliehen Solisten wie der Tenor Werner Stein und der Bass-Bariton Walter Rothmüller dem sehr gut besuchten Konzert besonderen Glanz. Hinzu kam die instrumentale Begleitung, die einen Bogen von Saxofon- über Flöten- und Gitarren-Soli bis zum erhebenden Klang einer Kirchenorgel und eines Sinfonieorchesters spannte. Das alles lag in der Hand eines einzelnen Mannes, der weltweit als Meister der elektronischen Orgel gilt. Der in Heppenheim lebende Franz Lambert, studierter Pianist und Komponist der FIFA-Hymne, Gast bei so prominenten Häuptern wie dem Dalai Lama, Bill Clinton, Michail Gorbatschow oder im englischen Königshaus kann bis heute nicht nur auf 107 Tonträger

zurückblicken, sondern auch auf zahlreiche Goldene Schallplatten. Seine Wersi-Orgel verfügt zwar über modernste Computer-Technologien und einen unverwechselbaren Klang, doch das i-Tüpfelchen bildet der einfallsreiche Komponist und Arrangeur mit dem analogen Spiel dieses komplexen Instrumentes.

Flinke Hände auf der Leinwand

Man konnte, dank der Technik von Ehefrau Christa, die flinken Hände des Meisters auf der Leinwand verfolgen. Im ersten Teil setzte Volker Schneider, dem schon so manch renommierte Auszeichnung für seine Verdienste um die Erhaltung der deutschen Chortradition verliehen wurde, mit Stücken wie „Es läutet zum Ave Maria“, „Wenn ich ein

Glöcklein wär“ und „Du großer Gott“ auf klassische Chorliteratur. Bei dem Antikriegssong „Blowing In The Wind“ zeigte sich der Chor, begleitet von Franz Lambert, mit in sich gekehrter Klangsprache. Lambert betonte die makabre Aktualität des Dylan-Songs. Programm-Höhepunkt war zweifellos der Chorsatz aus Beethovens Neunter „Freude, schöner Götterfunken“. Hier gewann der Klangkörper des MGV durch das Mitsingen der Zuschauer Zusätzliches Volumen, nicht zuletzt zauberte Franz Lambert die bombastische, mehrstimmige Orchester-Dramaturgie dazu. Seinen großen Moment hatte der Tenor Werner Stein mit dem Lied „Alle Tage ist kein Sonntag“, begleitet von den melodischen Streicherklängen der Wersi-Orgel.

Das offizielle Ende des Konzertes läutete der MGV Hohensachsen mit dem besinnlichen Abendfrieden von Franz Schubert ein. Ehe das Soloprogramm von Franz Lambert begann, bedankte sich Christine Federmann im Auftrag des erkrankten Vorsitzenden Walter Spieth bei Chordirektor Volker Schneider, der den MGV seit 1981leitet und ihn in all den Jahren zu einem Meisterchor geformt habe. Schneider warf scherzhaft ein, dass sich der Meisterchor allmählich in ein Auslaufmodell verwandele und fügte hinzu, dass er gerne mit dem Chor zusammen auslaufen möchte. Noch seien die Sänger mit großer Freude bei den wöchentlichen Chorproben dabei, denn singen macht gute Laune und steigert das Wohlbefinden. Franz Lambert steigerte das Wohlbefinden des Publikums mit einem buntgefächerten Programm, vor allem durch die instrumentale Vielfalt der Wersi-Orgel, die immer wieder Erstaunen verusacht.

Gewaltig brauste die Kirchenorgel bei den Bach-Chorälen, Gitarrenklänge zu Leonard Cohens „Hallelujah“ regten zum Mitsingen an. Und zu Lamberts beeindruckendem Arrangement des Soundtracks zum Kultfilm „Dornenvögel“ liefen nostalgische Szenen der verbotenen Priesterliebe auf der Leinwand. Beim mitreißenden Udo-Jürgens-Medley war Lambert auf der Leinwand mit dem 2014 verstorbenen Star zu sehen. Er kannte und kennt sie alle, die Großen des Show-Business, aber auch Reinhold Messner, dem Bergsteiger, begegnete er und widmete ihm prompt eine besinnliche Komposition auf der Zither. „Reinhold liebt Stubenmusik, ich werde ihm das Stück schicken, sobald ich es aufgenommen habe“, sagte der König der elektronischen Orgel und nahm lächelnd den tosenden Beifall des Publikums entgegen.