Oberflockenbach Sängerbund – „Abschied vom „Herzenschor“

Dezember 2023 (Weinheimer Nachrichten) Hans-Joachim Karl gibt den Taktstock nach 33 Jahren an Alexander Schmitt weiter

Von Iris Kleefoot

 

Oberflockenbach. 33 Jahre lang sorgte Hans-Joachim Karl beim Männerchor des Sängerbundes Oberflockenbach für den guten Ton. Jetzt gibt der Chorleiter den Taktstock weiter – an Alexander Schmitt, der damit in große Fußstapfen treten wird. Beide verbindet die Liebe zum Chorgesang, und für beide ist die stimmgewaltige Männerriege der „Herzenschor“.

Der singt zum letzten Mal unter der Leitung von Hans-Joachim Karl am Sonntag, 10. Dezember. Zunächst im Gottesdienst um 11 Uhr in der katholischen Kirche in Oberflockenbach. Anschließend gibt es an gleicher Stelle ein „kleines Platzkonzert“, wie es Karl ausdrückt. Mit Best-of-Stücken der zurückliegenden Jahre. Und das bedeutet bei diesem Chor keineswegs nur getragene Chorliteratur.

Man muss die Musik unter die Menschen bringen CHORLEITER HANS-JOACHIM KARL

Dem scheidenden Chorleiter ist es in über drei Jahrzehnten gelungen, dem verstaubten Image des Chorgesangs entgegenzuwirken – mit modernen, manchmal exotischen Stücken und innovativen Ideen wie der „Tour de Sing“. Karl weiß, mit althergebrachten Konzerten lockt man heute kein großes Publikum mehr an. Und wenn die Leute nicht zum Chor kommen, dann kommt der Chor eben zu den Leuten während, des Badebetriebs an den Waidsee, beim Shopping in die Fußgängerzone oder in den Baumarkt. „Man muss die Musik unter die Menschen bringen“, sagt Karl. Und der Erfolg gibt dem Konzept recht.

Junge Menschen begeistert

Während andere Chöre sich über Mitgliederschwund und Überalterung beklagen, kann der Männerchor befreit aufspielen – mit jungen Stimmen wie der von Alexander Schmitt. Karl kann stolz sein auf seine Fähigkeit, junge Leute zu begeistern, ohne die älteren Sänger aus dem Auge zu verlieren, und auf sein Gespür für die richtigen Lieder zur richtigen Zeit. Den Chor hat er damit deutschlandweit bekannt gemacht. Höchstnoten bei Chorwettbewerben inklusive.

Der hohe Anspruch bleibt

Der Anspruch ist hoch. Und das wird er auch bleiben. Da ist sich der Wald-Michelbacher ganz sicher. Denn er kennt seinen Nachfolger schon seit vielen Jahren. Alexander Schmitt, erst 27 Jahre alt, kam schon als Zwölfjähriger in den Männerchor. „Damals noch vor dem Stimmbruch“, erinnert er sich augenzwinkernd. Heute singt er den tiefen Bass.

Bereits mit 15 Jahren übernahm Schmitt als Vize-Chorleiter das ein

Alex Schmitt ist die Bestbesetzung für den Job HANS-JOACHIM KARL

oder andere Mal die Leitung. Ein enormer Vertrauensbeweis! „Ich bin durch HaJos Arbeit sehr geprägt. Ich habe ihm viel zu verdanken“, sagt Schmitt. Deshalb habe er auch keine Sekunde gezögert, als er gefragt wurde, ob er den Männerchor übernehmen wolle. Den gemischten Chor des Sängerbundes leitet er ohnehin schon seit dessen Gründung 2018. Viel will der „Neue“ nicht verändern.

Aber ein Neustart ist natürlich immer auch eine Gelegenheit, eine neue Stilistik einzubringen“, erklärt er. Das sieht auch Karl so. „Anders ist gut“, weiß er, der selbst während seiner Laufbahn als Chorleiter immer wieder neue Wege eingeschlagen hat. Nicht nur, indem er zahlreiche Chöre dirigierte.

Nach seiner Ausbildung am Chorleiter-Konservatorium des hessischen Sängerbundes in Frankfurt übernahm er 1982 mit nur 18 Jahren seinen ersten Chor von seinem Lehrer und Mentor Hans Rückauer, den Gesangverein Frohsinn Gadern. 1984 kam der MGV Union Wald-Michelbach dazu, bei dem er vorher seit 1976 als Sänger mitwirkte. Diesen

betreut er immer noch und wird es auch weiter tun, genau wie den MGV Sängerbund Unter-Schönmattenwag.

Im Laufe der folgenden Jahre war Karl Chorleiter beim Gesangverein Sängerlust Laudenau, beim MGV Sängerfreude Weiher, beim MGV Sängerbund Großsachsen, beim MGV Cäcilia Bruchsal, beim Gesangverein Harmonie St. Leon und dem MGV Liederkranz Altenbach. „Ich habe in meinem Leben schon viel Zeit in den Chorgesang investiert“, sagt Karl.

Mit vielen Höhepunkten

Dass der Diplom-Ingenieur jetzt mit 59 Jahren als Chorleiter etwas kürzertreten will, hat zum einen den Grund, dass er beruflich sehr eingespannt ist, aber auch, das sein geeigneter Nachfolger schon in den Startlöchern steht. Karl: „Alex Schmitt ist die Bestbesetzung für den Job. Da fällt das Loslassen leicht. Der Chor wird in den besten Händen sein.“ Abschiedstränen soll es deshalb am Sonntag keine geben. „Ich bleibe dem Sängerbund doch verbunden“, verspricht Karl. Vielleicht aber Tränen der Rührung angesichts vieler Höhepunkte in seiner 33-jährigen Arbeit. Dazu zählt Karl die Gründung des Frauenchores des Sängerbundes Oberflockenbach 1992, aber auch die Kooperation mit der Grundschule. Zugsammen mit den Schülern stehen die Sänger alle zwei Jahre bei einem Musical auf der Bühne.

Karl erinnert sich an unzählige Konzerte mit Gastchören aus Japan, der Ukraine oder Bulgarien. Und dann sind da natürlich seine Lieblingsstücke, darunter das Beresinalied. „Eine wunderbare Komposition“, schwärmt er. Die wird am Sonntag zu hören sein, ebenso wie das anspruchsvolle „Magnificat“ von Alwin Schronen und Spirituals. „Wir haben einiges im Fundus“, sagt er. Und vielleicht haben seine Sänger sogar noch eine Überraschung für ihren „HaJo“ in petto . . .