Weinheim Sängerkreis – Singen mit Spaß aber ohne Ton

März 2021 (Mannheimer Morgen) Corona zwingt Chöre zu ungewöhnlichen Proben / Sabine Nick versucht es per Zoom

Von Hans-Jürgen Emmerich

 

„Weißt Du, wie’s war im Februar?“ So singt Sabine Nick und spielt dazu am Klavier. Ihre Schützlinge vom Kinderchor Heddesheim lauschen und singen mit. Nur hören kann die Dirigentin ihre Jungs und Mädchen nicht. Denn wegen Corona ist gemeinsames Singen untersagt. Stattdessen gibt es Chorproben per Video. „Da ist kein echtes gemeinsames Singen möglich“, bedauert Nick.

Trotzdem freut sie sich riesig, dass sie ihre Kinder wenigstens auf diesem Weg sehen und hören kann. Nacheinander, versteht sich. Denn wenn einer oder eine spricht, dann müssen die anderen ihr Mikrofon auf stumm stellen, weil es sonst eine Rückkoppelung gibt. Mit den Tücken der Technik kennen sie sich mittlerweile aus. Auch Unterricht. funktioniert in Zeiten von Corona so oder so ähnlich. „Ihr könnt auch den Chat nutzen“, schlägt die Leiterin vor, doch da steht längst was drin: „Faszinierend, was ihr alles könnt.“

Bevor es ans Singen geht, gibt es ein kleines Spiel zum Aufwärmen. Sabine Nick nennt eine Farbe und zählt bis drei. Dann müssen die Chormitglieder einen Gegenstand in eben dieser Farbe suchen und in die Kamera halten. Für Gelb bringt einer ein Smiley-Kostüm. Ein wenig Grund zum Lachen haben sie alle tatsächlich. Ronja, Aaron, Nele und Lotta und all die anderen freuen sich sichtlich, dass sie sich wenigstens auf diesem Weg begegnen können. Alles war klar und wunderbar“, geht das Lied vom Frühling weiter. „Da war wirklich alles wunderbar“, sagt Sabine Nick zu der Zeit vor einem Jahr: „Da gabs noch keinen Lockdown“. Im Chat klatschten Julia und Hannah mit vielen Händen spontan Beifall und schreiben: Und keine Masken“.

„es tut gut, dich wieder zu sehn“, schließt der Reim im Lied von Frühling. „Es tut gut mit viel „t“, da kommt der Mund in Schwung“, erklärt die Dirigentin und legt Wert auf die Aussprache beim Singen. „Vielleicht erinnert ihr euch, wir haben bei dem Lied immer getanzt“, sagt sie weiter und fordert die Kinder dazu auf, das auch zuhause zu tun. Das lassen sie sich nicht zweimal sagen, stehen auf und bewegen sich: „Da können wir uns wenigstens so aneinander freuen“.

Mit einem Kanon geht es weiter. „Ich mag die Blumen“, singt Sofia mutig den anderen vor, Sabine Nick zeigt selbstgemalte Plakate dazu, als Texthilfe sozusagen. Blumen, die Sonne, Fragezeichen, Schneeflocken, da geht alles wie von selbst. Wie fröhlich die Kinder dabei sind, sieht man ihren Gesichtern an. „Ich freu mich total darüber“, sagt die Leiterin. Jetzt singt auch Paul für alle: „Ich mag den Sonnenschein.“

Finnischer Ohrwurm

Eine knappe Stunde dauert die digitale Probe, dann ist der Jugendchor an der Reihe. Von den Aktiven hat die Dirigentin zu Weihnachten eine Videobotschaft bekommen. „Das hat mein Herz berührt“, gesteht sie, und man spürt mit jeder Silbe, wie sehr sie mit den Jugendlichen verbunden ist. Die kleine Plauderrunde zum Einstieg zeigt ihre Verbundenheit, aber auch den Frust über Corona. „Schule ist bis Ostern nicht“, berichtet Leon, der Älteste im Chor. „Ich hoffe, dass wir bald wieder in die Schule gehen können“, ergänzt Tanja. Nach einem kleinen Rätsel heißt es aufstehen, sich recken, die Beine hüftbreit stellen, den Atem locker fließen lassen und bei Grimassen-Kontest die Gesichtsmuskeln in Gang bringen. Eine gute Vorbereitung für die finnische Sprache im Kanon „Ja dan duia“, ein echter Ohrwurm, bei dem auch der „MM“-Reporter begeistert mitsingt. Ich will ab und zu auch etwas hören“, erklärte Sabine Nick, und so öffnen die Jungen und Mädchen abwechselnd ihr Mikro. Auf den Chorklang, die Schwingungen, die sie verbinden, müssen sie alle noch ein wenig warten, aber mit der Zoom-Probe bleiben sie wenigstens in Kontakt und halten ihre Stimme fit.

„Ich bin sehr begeistert davon, wie gut die Online-Proben angenommen werden“, erklärt die Leiterin. „Wir überlegen auch gerade, bald in Kleingruppen mit Abstand in der Freizeithalle zu proben“, verrät sie: „Oder im Freien, sobald es die Temperaturen zulassen.“ Präsenzproben gab es zuletzt im Oktober, unter strengen Corona-Regeln mit Abstand und Maske. „Da habe ich gemerkt, wie sehr mir singende Kinder im letzten halben Jahr gefehlt

hatten“, gesteht Sabine Nick: „Es macht mich unheimlich glücklich, endlich wieder „meine“ Kinder zu sehen und zu hören. „Ein Treffen per Videokonferenz ist dafür wenigstens ein kleiner Ersatz.

Sabine Nick

  • Sabine Nick, Jahrgang 1982, studierte Schulmusik sowie Elementare Musikpädagogik (EMP) an der staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Mannheim.
  • Seit 15 Jahren setzt sie den Schwerpunkt ihrer freiberuflichen, musikalischen Arbeit im Bereich Chorleitung.
  • lm Jahre 2006 übernahm sie die Leitung des Kinder- und Jugendchores Heddesheim, die inzwischen eine Chorschule mit drei aufeinander aufbauenden Gruppen ist. hje

Sabine Nick bei der Zoomprobe mit dem Kinderchor